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Unser Köln

Kölner Stadtgeschichte: Ein sagenhafter Löwenkampf

Yvonne Plum · 16.01.2025

Der Kampf des Bürgermeisters Gryn mit dem Löwen auf einem Gemälde vom Ende des 16. Jahrhunderts im Kölnischen Stadtmuseum. Rechts ist die Schlacht bei Worringen 1288 dargestellt. Foto: © Historisches Archiv mit Rheinischem Bildarchiv, rba_d038980_01

Der Kampf des Bürgermeisters Gryn mit dem Löwen auf einem Gemälde vom Ende des 16. Jahrhunderts im Kölnischen Stadtmuseum. Rechts ist die Schlacht bei Worringen 1288 dargestellt. Foto: © Historisches Archiv mit Rheinischem Bildarchiv, rba_d038980_01

Ein Relief im Historischen Rathaus, der Löwenhof und das Nordtor auf der Domplatte erzählen von einer fast vergessenen Sage über Bürgermeister Gryn im mittelalterlichen Köln.

„Fake News“, also gefälschte oder erfundene Nachrichten, gab es tatsächlich schon im Mittelalter. Und manchmal waren sie so überzeugend, dass sie, im wahrsten Sinne des Wortes, in Stein gemeißelt wurden, so wie der Löwenkampf des Hermann Gryn. Ein Relief, das einen Mann zeigt, der mit einem Löwen kämpft, befindet sich an der Renaissancelaube des Historischen Rathauses. Die gleiche Szene ist auch im Innern noch einmal zu finden, im sogenannten Löwenhof.


Löwenkampf des Hermann Gryn am Kölner Rathaus. Mittleres Relief. Foto: Raimond Spekking_CC BY-SA 3.0

Historisches Ereignis in der Stadtchronik

Die Geschichte des Hermann Gryn ist im 14. Jahrhundert erstmals schriftlich belegt. In der Stadtchronik „Agrippina“ des Heinrich van Beeck wurde sie als genau datiertes, historisches Ereignis aus dem Jahr 1262 dargestellt. Das war eine Epoche, die geprägt war von vielen Auseinandersetzungen zwischen den reichen Kölner Bürgern und ihren Erzbischöfen, die mächtige, einflussreiche Politiker waren und nicht zuletzt über die Geschicke der Stadt bestimmten.

Die Stadtchronik berichtet, ...

... dass zu jener Zeit, unter der Herrschaft von Erzbischof Engelbert II., Hermann Gryn Bürgermeister von Köln gewesen sei, ein selbstbewusster Mann, der die Auseinandersetzung mit den Kirchenherren nicht scheute und sich dadurch bei ihnen nicht gerade beliebt gemacht hatte.

Nun erhielt just zu dieser Zeit der Erzbischof ein höchst ungewöhnliches Gastgeschenk, nämlich einen Löwen.

Er selbst hatte weder Zeit noch Lust, sich um das Tier zu kümmern, und übertrug diese lästige Pflicht zwei Domherren. Die beiden waren nicht begeistert von ihrem Auftrag, legten aber im Innenhof des Domkapitels einen Käfig für das neue Haustier an und versuchten, das Beste aus der misslichen Situation zu machen, indem sie regelmäßig Honoratioren der Stadt zu einem Abendessen mit anschließender Besichtigung des Löwen einluden, der natürlich Stadtgespräch war.

Als sie wieder einmal zur Belustigung ihrer Gäste ein Zicklein in den Löwenkäfig warfen, hatten sie eine, wie sie fanden, großartige Idee. Löwen fressen schließlich nicht nur Zicklein. Da gab es doch jemanden, den man gerne losgeworden wäre! Und mit dessen Beseitigung man sich beim Erzbischof auch einiges Wohlwollen sichern konnte! Schon am nächsten Tag gingen sie zum Bürgermeister und luden ihn höchstpersönlich und exklusiv zur Löwenbesichtigung ein. Den Löwen ließen sie schon einmal auf Diät setzen.

Doch Hermann Gryn war misstrauisch.

Wieso waren die beiden, die zu seinen ärgsten Widersachern zählten, plötzlich so freundlich zu ihm? Also wappnete er sich am Abend der geplanten Löwenbesichtigung, indem er unter seinem Umhang ein kurzes Schwert versteckte. So geschützt begab er sich zu den Domherren, die ihn mit einem opulenten Festmahl begrüßten. Erst als er das Gefühl hatte, nicht einmal eine Erbse würde noch in ihn hineinpassen, erklärten sie sich bereit, ihm ihren wilden Pflegling zu zeigen. Natürlich gab es diesmal kein Zicklein für den Löwen, sondern nur ein paar Täubchen.

Und als Hermann Gryn, fasziniert von dem Schauspiel, etwas zu nahe an das Gitter trat, rissen die Domherren die Käfigtür auf und stießen den überraschten Bürgermeister hinein. Fassungslos hörte er hinter sich die Tür ins Schloss fallen und sah sich dem blutbefleckten Maul des Raubtiers gegenüber, das in ihm leichte Beute witterte.

Schlagartig fiel alle Trägheit von ihm ab. Schließlich galt es, das Leben zu retten!

Hastig zog er das Schwert unter dem Umhang hervor, den er sich gleichzeitig um die andere Hand wickelte. Als der Löwe mit weit geöffnetem Rachen auf ihn zustürzte, stieß er ihm die durch den Umhang geschützte Hand ins Maul und das Schwert in die Rippen.

Die Domherren hatten davon nichts mitbekommen, denn siegesgewiss hatten sie sich bereits in ihre Schlafkammern zurückgezogen. Schon am nächsten Morgen wurden sie von der städtischen Gerichtsbarkeit festgenommen und das schnell gefällte Urteil lautete auf Tod durch den Strang. Wenige Stunden später wurde es vollstreckt. Sie wurden am ehemaligen römischen Nordtor gehenkt, dass fortan nur noch „die Pfaffenpforte“ hieß.

Das Nordtor auf der Domplatte

Das Nordtor steht noch heute vorm Dom auf der Domplatte. Die Sage ist dagegen weitgehend in Vergessenheit geraten. Doch einst hatte sie eine eindeutige Botschaft, die alle sofort verstanden. Die Kölner Bürger mussten ihre Freiheit vom Erzbischof erkämpfen und sollten bei ihrer Verteidigung stets so mutig sein wie der legendäre Bürgermeister. Der Löwe symbolisiert die weltliche Macht des Erzbischofs.

Nach jahrhundertelangen Auseinandersetzungen gelang es den Kölnern 1288 in der Schlacht bei Worringen, den Erzbischof zu besiegen. Von da an beschränkte sich seine Funktion innerhalb der Stadt auf geistliche Aufgaben und die Gerichtsbarkeit bei Kapitalverbrechen. De facto hatten die Kölner nun ihre Reichsunmittelbarkeit, die Unabhängigkeit vom Erzbischof, errungen.

Exklusive Führung für KölnerLeben-Leser:

Autorin Yvonne Plum erzählt über „Geister, Teufel, arme Seelen“. Nicht nur der Teufel hat im Dom sein Unwesen getrieben, es gibt spukende Milchmädchen, tote Schiffer und heidnische Dämonen. Sie alle treibt es im Dunkeln durch die Straßen der Kölner Altstadt.

Mo, 13.1.2025, 15 Uhr
Dauer 1,5 Stunden max. 25 Teilnehmende

Sonderpreis für Kölner-Leben-Leser:
12 Euro pro Person

Nur mit Anmeldung bei Inside Cologne: Tel. 0221 / 52 19 77 oder E-Mail: info@insidecologne.de

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Tags: Historische Rathaus , Sage , Stadtgeschichte

Kategorien: Kultur , Unser Köln