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Leben in Köln

Doch Ahnung von Tuten und Blasen – Musikpädagogik in der Philharmonie

Tim Farin · 13.07.2020

Von links nach rechts: Phil, Christel Breuer, Karin Schmitt, Pauline. Foto: Ben Horn

Von links nach rechts: Phil, Christel Breuer, Karin Schmitt, Pauline. Foto: Ben Horn

Schon die Kleinen entwickeln Musikgeschmack – doch wie kann man sie auch an klassische Musik heranführen? Die Veranstaltungsreihe „Familiensache“ hat da eine gute Idee ...

Die kleine Pauline ist aufgeregt, als sie im Nieselregen mit ihrem Freund Phil in der Kölner Innenstadt Fangen spielt. Es ist Sonntagnachmittag und Pauline hat sich in Schale geschmissen. „Das habe ich mir selbst ausgesucht“, sagt sie über ihr weißes Kleid mit buntem Blumenmuster. Die Fünfjährige geht zum ersten Mal in die Philharmonie. Es geht um „irgendwas mit Musik“, der Rest ist eine Überraschung.

Pauline und der sieben Jahre alte Phil sind natürlich nicht allein auf die Idee gekommen, ein klassisches Konzert zu besuchen: Paulines Großmutter Karin Schmitt hat ihre Freundin Christel Breuer und deren Enkel eingeladen. Auf dem Programmzettel steht ein Nachmittag mit dem schwedischen Klarinettisten Magnus Holmander. „Den kannten wir vorher nicht, aber wir gehen immer gern zu Konzerten. Und es gibt ja das spezielle Programm für Kinder“, sagt Schmitt.

„Familiensache“ heißt das Programm der Philharmonie. In dieser Reihe bietet das Haus neben dem Konzert ein pädagogisches Programm für Kinder an. Die beiden Omas Schmitt und Breuer freuen sich: „Wir können gleich schön im Saal sitzen, Musik hören und die Kinder haben ihren Spaß“, sagt Karin Schmitt. Als sie ihre Jacken an der Garderobe abgeben, steigt bei den Enkeln die Unruhe. „Keine Ahnung, was jetzt gleich passiert“, sagt Phil, während er mit Pauline und ihrem Plüschhund Sky auf der Treppe im Foyer spielt.

Die Musikpädagogin übernimmt

Kurz darauf wandert Sky in Omas gut gefüllte Handtasche mit Köln-Motiv und Pauline und Phil kleben sich Namensschildchen an Kleid und Kapuzenpulli. Die beiden stehen vor Lioba Bärthlein, einer gut gelaunten Musikpädagogin, die noch 19 andere Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren in Empfang nimmt. Es ertönt eine Melodie. „Kennt ihr dieses Geräusch?“, fragt Bärthlein. Ein Kind weiß die richtige Antwort: Es ist das Signal, dass das Konzert gleich beginnt. Großeltern und Enkel müssen sich jetzt trennen, wenn auch nur für eine Dreiviertelstunde.

Während die Älteren zu ihren Plätzen im Konzertsaal gehen und das Signal ein letztes Mal ertönt, geht Bärthlein voran, die Treppen hinab, durchs Künstlerforum und dann ins Stimmzimmer 1. Die Uhr an der Wand zeigt kurz vor 16 Uhr. Bärthlein bittet die Kinder um Ruhe. Jetzt hören sie ein Geräusch, das wie Regen klingt. Die Musikpädagogin erklärt den Kindern, woher es kommt: aus der Mithöranlage, durch die man das Bühnengeschehen verfolgen kann. Und den Applaus für die auftretenden Künstler.


Mit Pampasgras Töne erzeugen – Phil will es versuchen. Foto: Ben Horn

Mit ihren eigenen Sinnen

Die Musikpädagogen haben sich vier Stationen für die 21 Kinder ausgedacht, und die Mädchen und Jungen rennen sofort an die Tische, greifen sich Stifte, schnappen sich Kopfhörer und blättern in Büchern. Alle Kinder dürfen im Zehn-Minuten-Takt die Station wechseln und dabei mit ihren eigenen Sinnen das Instrument des Tages näher kennenlernen. Pauline, Phil und die anderen hören reihum mit Kopfhörern Klarinettenmusik, malen Klarinettenbilder farbig aus, schauen einen Film zum Klarinettenbau und beraten mit Lioba Bärthlein, wie man eine Klarinette richtig zusammenschraubt.

Pauline findet das spannend, sie zeigt dauernd auf und gibt Antworten. Manches stimmt, manches muss noch erklärt werden. Dann probieren die Kinder aus, ob sie mit Pampasgras Töne wie auf einer Klarinette erzeugen können. „Ganz schön schwer“, stellt Pauline fest. Nach einem Ausflug zum Raum direkt hinter der Bühne stellt Bärthlein den Kindern noch eine allerletzte Frage: „Wann sollte man im Konzert klatschen?“ Phil weiß eine gute Antwort: „Wenn die Künstler sich verbeugen.“


Musik zum Greifen nah – Lioba Bärthlein zeigt Pauline die Klarinette. Foto: Ben Horn

Endlich ins Konzert

„Das war spannend“, sagt Pauline. Jetzt stehen die Kinder wieder im Foyer, treffen ihre Großeltern und Eltern, dann geht es endlich auch für sie auf die Ränge. Zum Applaus tritt Klarinettist Magnus Holmander auf die Bühne, begleitet vom Pianisten David Huang. Pauline, Phil und ihre Omas klatschen. Allerdings wird es in den folgenden 45 Minuten nicht immer ganz einfach, die Kinder ruhig auf ihren Plätzen zu halten.

Als der Klarinettist mit elektronischen Hilfsmitteln ein Stück von Molly Kein aufführt, zeigt Großmutter Schmitt die Töne wie Wellen in der Luft, ihre Enkelin macht mit. Auch ein bisschen Ermahnen muss sein. Und so sind die beiden Großmütter hinterher froh und auch erleichtert, als der Schlussapplaus aufbrandet. Pauline rennt fröhlich mit ihrem Plüschhund in der Hand die Treppen hinauf, Phil hinterher. Jetzt geht es zur Garderobe, beim Anziehen die Frage: „Und, wie war’s?“

Phil fand die Musik nicht so richtig gut, aber er und Pauline hatten Spaß hinter den Kulissen. Und wie schwer es ist, mit einer Klarinette zu spielen, das hat Pauline ja gesehen. Der schwedische Musiker hat sie jedenfalls sehr beeindruckt: „Der konnte das richtig gut.“

Familiensache in der Philharmonie
Die Familiensache ist ein musikpädagogisches Zusatzangebot der Kölner Philharmonie für Familien mit Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren. Bei Konzerten mit Familiensache sitzen die Erwachsenen in der ersten Hälfte im Saal, die Kinder erleben eine kreative Vorbereitung auf den Teil nach der Pause. Die Teilnahme muss über den Vorverkauf namentlich angemeldet werden: Tel. 0221 / 204 08 204.
Philharmonie
Bischofsgartenstr. 1.
www.koelnerphilharmonie.de

Tags: Familen , Kölner Philharmonie

Kategorien: Leben in Köln